
Als Reaktion auf die Verhandlungen zum Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG, verabschiedet am 12. Dezember 2019) hat Scientists 4 Future Heidelberg im Namen von Scientists 4 Future Deutschland am 12. September 2019 eine Anfrage mit einem Fragenkatalog an die Mitglieder des gebildeten Klima-Kabinetts versandt.
Der Scientists 4 Future Fragenkatalog umfasste u.a. Fragen zu folgenden Themenbereichen: Treibhausgas-Bepreisung, Verkehr, Energie und Industrie, Gebäude und Landnutzung. In den einzelnen Sektoren hat S4F gezielte Fragen zur Umsetzbarkeit der Maßnahmen im Sinne der Einhaltung der Klimaziele aus dem Pariser Abkommen gestellt. Ziel des Briefes war es daher die Motivation der einzelnen Minister*innen abzufragen um hierüber zu extrahieren, wer den gefundenen Konsens inwiefern beeinflusst hat. Da allen betroffenen Ministerien bei den Klimaschutz-relevanten Themen dasselbe Mitspracherecht gewährt und dieselben Fragen gestellt wurden, barg die Anfrage das Potenzial, einseitige Schlussfolgerungen zu vermeiden. Wir hielten es jedoch ebenfalls für richtig, alle Minister*innen zu Themen zu befragen, welche außerhalb der Kernkompetenz des jeweiligen Ministeriums liegen. Bei der Auswertung ging es Scientists 4 Future darum Vergleichbarkeit und Transparenz zu schaffen.
Niedrige Antwortrate
Nach der verstrichenen ersten Frist (20. September 2019) stellten wir die Anfrage in derselben Form erneut am 16. Oktober und am 7. November. Folgende Minister*innen haben die Anfrage beantwortet (chronologisch; in Klammern ist das jeweilige Datum der Antwort in schriftlicher Form angegeben):
- Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft (14. Okt. 2019)
- Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie (30. Okt. 2019)
- Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur (29. Nov. 2019)
- Svenja Schulze, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (19. Dez. 2019)
Von den folgenden Mitgliedern des Klima-Kabinetts haben wir keine Antwort zu unserer Anfrage bekommen:
- Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin
- Olaf Scholz, Bundesminister der Finanzen
- Prof. Dr. Helge Braun, Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes
- Steffen Seibert, Sprecher der Bundesregierung und Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung
Der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Horst Seehofer hat unsere Anfrage am 21. November abgelehnt.
Reaktionen der Ministerien
Der Antwort durch den Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier (CDU) ging ein telefonisches Gespräch mit einer Mitarbeiterin des „Referats LB 3 – Bürgerdialog“ voraus. Von diesem Ressort erfolgte eine zum Teil bearbeitete schriftliche Beantwortung des Fragenkataloges. Link
Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner (CDU) bezog sich in ihrem Antwortschreiben auf zehn Maßnahmen, die in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft in ihrem Ministerium beschlossen worden sind. Es fehlten jedoch Angaben zum Datum des Beschlusses, ebenso zum Entscheidungsgremium sowie zu der Tatsache, ob die Erfüllung des Maßnahmenkataloges auf Freiwilligkeit beruht oder verbindlich ist. Diese zehn Maßnahmen fügte Frau Klöckner ihrem Anschreiben hinzu, ohne jedoch im Einzelnen die Fragen des übersandten Katalogs zu beantworten. Link
Als bislang letztes Ressort reichte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) unter der Leitung der Ministerin Svenja Schulze (SPD), vertreten durch Dr. Karsten Sach (Director General „International and European Policy, Climate Policy“) eine schriftliche Antwort ein. Das BMU ist als zentrales Ministerium für die Maßnahmen des Umweltschutzes, sowie im Kampf gegen den Klimawandel anzusiedeln. Wir begrüßen daher die Bearbeitung des Fragenkatalogs. Dies ist außerdem das einzige Antwortschreiben gewesen, welches aus einem SPD-geführten Ministerium stammt. Eine Vielzahl der Fragen wurde jedoch mit dem Klimaschutzprogramm 2030 bzw. das Klimapaket beantwortet. Link
Besonders hervorzuheben ist schließlich das Antwortschreiben des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur Andreas Scheuer (CSU). Darin verzichtet der Minister gänzlich auf die Auseinandersetzung mit den übersandten Fragen und beschränkt sich auf die Benennung des am 9. Oktober 2019 beschlossenen Klimaschutzprogramms 2030 sowie des ebenfalls am 9. Oktober 2019 beschlossenen Bundes-Klimaschutzgesetzes als hinreichende Maßnahmen des Bundeskabinetts zum Klimaschutz. Dies formulierte der Minister wie folgt: „Detaillierte Informationen zu Ihren Fragen finden Sie in diesen [dem am 09.10.2019 verabschiedeten Entwurf des Bundes-Klimaschutzgesetz] Beschlüssen.“. Link
Ein Résumé
Von genau dieser Haltung spricht Scientists 4 Future, wenn wir sagen: „Bitte Klartext! Wir fordern die beteiligten Politiker*innen auf, dafür zu sorgen, dass die gefassten Beschlüsse für jede*n Bürger*in durchschaubar in ihrer Tragweite und Wirkung sind.“ Transparenz sollte nicht die Ausnahme sein, die gelegentlich durch unsere Bundesminister*innen gewährt wird, sondern inkrementeller Bestandteil des Prozesses. Wir empfinden, dass wir mehr von unseren gewählten Repräsentanten erwarten können, als das was diese bereit sind zu tun. Wir von Scientists 4 Future Heidelberg verstehen, dass die Beantwortung unserer Fragen für die Ministerien einen Aufwand darstellt, doch zeugt die Reaktion vieler nicht davon, dass es sich beim Bundes-Klimaschutzgesetz um einen „großen Wurf“ handelt.
An der Erstellung des Fragenkataloges hat sich eine Vielzahl von Wissenschaftler*innen, aus unterschiedlichsten Regionalgruppen beteiligt. Viel Arbeit ist in das gezielte Hinterfragen von Sachthemen gesteckt worden. Unterstützt wurde der Brief von den Regionalgruppen München, Frankfurt, Stuttgart, Landau, Greifswald, Bingen, Gießen und Heidelberg.
Uns allen ist daran gelegen in der Klimaschutz-Debatte einen Beitrag zu leisten und weiter für die Arbeit einzustehen, für welche Dr. Gregor Hagedorn und Scientists 4 Future mit dem Bundespreis für Nachhaltigkeit geehrt wurden.
Scientists 4 Future Heidelberg/ Dr. A. Jürgens & F. Munzlinger